Lernen wir genug?

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Lernen wir genug?

Ich war aufgeregt. Am 2. März haben wir uns das letzte Mal getroffen, in zwei großen Gruppen. In der vergangenen Woche waren zwei Kleingruppen da. Für jeweils 30 Minuten. Damit genug Zeit für das Lüften ist, zum Kommen und Gehen mit Abstand, zum Stühle, Griffe und Stifte putzen und zum Händewaschen. Und weil wir dafür so viel Zeit brauchen, taucht natürlich die Frage auf: Lernen wir denn noch genug bis zur Konfirmation im Mai 2021?

Ich hatte eine Geschichte dabei: die Erschaffung des Menschen aus einem Klumpen Lehm, übersetzt von Rainer Oberthür. (Im Video wird die Geschichte vorgelesen) Darin steht auch dieser wichtige Satz: Aus dem leblosen Körper wird ein lebendiger Mensch in dem Moment, als Gott ihn durch die Nase mit dem Lebensatem zum Leben erweckt. Und dann natürlich das Gebot, nicht vom Baum der Erkenntnis zu essen. Der Mensch, wenn er das tut, wird nämlich dadurch zu einem sterblichen Wesen.


Zuerst – wie immer – viel Rumalbern… Grundloses "Einfachloslachen", weil irgendwas komisch ist. Aber auch diesmal staune ich, dass ihr trotzdem genau zuhört. Wie genial wieder einmal eure Bemerkungen: Wieso sich Gott denn die Nase ausgesucht hat, die sei doch mit dem Gehirn verbunden, und dann gelangt Luft ins Gehirn… Mag sein, dass das einfach so dahingesagt ist. Oder ihr habt zu viel Science Fiction gesehen. Oder es zeigt sich euer langsames Herantasten an die Grundfragen des Lebens: Was macht uns lebendig? Wie kann uns der Atem lebendig machen, wenn gerade der Atem Viren in den Körper transportiert, die lebensgefährlich sind? 

Euer Nachdenken geht weiter: Wenn der Mensch nun gerade vom Baum der Erkenntnis gegessen hat, warum dann nicht gleich hinterher vom Baum des Lebens? Ist es nicht gut, ewig zu leben? Der Mensch weiß das doch jetzt! Vielleicht weiß er aber auch, dass es ein Unglück ist, ewig zu leben! Und dann fragt ihr mich noch, wie ich mir das vorstelle, mit dem Tod…

So ging es weiter. Meinen Versuch, zu erklären, dass der Mensch sich dadurch vom Tier unterscheidet, dass wir Menschen (seit dem Verzehr der Frucht vom Baum der Erkenntnis) wissen, dass wir sterben müssen, stellt ihr in Frage: Das wüssten doch Tiere auch. Und dann noch: Wozu das überhaupt wichtig sei, zu wissen, ob es ein Paradies gab, woher wir kommen und ob wir nun im Paradies, in der Hölle oder irgendwo dazwischen leben. Welchen Sinn hat die Geschichte, wenn sich das doch nur irgendwer ausgedacht hat?

Wieder einmal weiß ich, warum ich gern mit Jugendlichen zusammensitze. Es kommen hier die allerwichtigsten Fragen zur Sprache. Manchmal auch alle auf einmal.

Lernen wir genug? Ihr könnt sicher sein: Auch wenn wir nicht so viel in der Bibel lesen wie andere Konfirmand*innen, euer genaues Hören und das kluge Nachdenken über die Bibel, über das Leben, über den Glauben, all das genügt, um am Ende konfirmiert zu werden.

Und ich erfahre einmal mehr: Lernen kann man nicht in 45-minütigen Abschnitten messen. Lernen ist viel mehr, und oft etwas ganz anderes als einfach nur möglichst viel Wissen anzuhäufen.

Ich freue mich schon auf die nächsten 30 Minuten in den Kleingruppen.

Pastor Norbert Harms

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