Was gelingt?

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Was gelingt?

Ich lese in der Bibel. Jesus erzählt eine Geschichte: "Ein Bauer ging aufs Feld, um seine Saat auszusäen. Während er die Körner auswarf, fiel ein Teil davon auf den Weg. Die Körner wurden zertreten und die Vögel pickten sie auf. Ein anderer Teil fiel auf felsigen Boden. Die Körner gingen auf und vertrockneten sofort wieder, weil sie keine Feuchtigkeit hatten. Ein weiterer Teil fiel zwischen die Disteln. Die Disteln gingen mit auf und erstickten die junge Saat. Aber ein anderer Teil fiel auf guten Boden. Die Körner gingen auf und brachten sofort hundertfache Frucht." (Lukas 8,4-8)

Die Geschichte geht gut aus. Auch wenn von vier aus gesäten Körnern drei nicht aufgehen – das ist nicht schlimm. Das eine, das wächst, macht doch alles wett und bringt hundertfach Frucht. Das ist ein 25-facher Ertrag! 

Trotzdem könnte man den Bauern tadeln. Warum sät er an Stellen, wo erfahrungsgemäß nichts wachsen wird? Ist er ein Verschwender? Oder ist der dumm?

Wenn wir das Gleichnis verstehen wollen, müssen wir einen Schwenk von den durchoptimierten deutschen Gülleplantagen zur Wirtschaftsweise von Kleinbauern und armen Pächtern zur Zeit von Jesus machen. Durch Verschuldung, Teilung und Enteignung hatten viele von ihnen so kleine Ackerflächen, dass sie jeden Winkel ihres Bodens nutzen mussten. Selbst da, wo die Trampelpfade über die Felder führten, wo der Boden steinig oder unfruchtbar ist, wo Gestrüpp das eigene Feld vom anderen abgrenzt, haben sie es versucht. Vielleicht wächst ja doch etwas! 

Die kleinen Leute mussten in ihrer Notlage noch dem unfruchtbarsten Stück Erde etwas abgewinnen. Es ist schiere Verzweiflung, die den Bauer auch da säen lässt, wo nur sehr wenig Ertrag zu erwarten ist. 

Viele Menschen auf der Welt stecken noch heute in der gleichen Situation fest.  Ich lese in der Zeitung: Entwicklungshilfe-Organisationen weisen darauf hin, dass die Pandemie die Ärmsten der Armen nun mit voller Wucht trifft, während gleichzeitig die Börsenkurse schon wieder steigen. Für Kleinbauern und Kleinunternehmer*innen, die keine Rücklagen haben, ist es jetzt besonders schwer, durchzuhalten. Sie müssen Dinge tun, die wenig Aussicht auf Erfolg haben. Sie müssen sich Geld zu Wucherzinsen leihen, um über die nächsten Wochen zu kommen. Sie bekommen keine Corona-Hilfe, sondern müssen Kuh oder Roller verkaufen, um Miete oder Pacht zu bezahlen. Sie sind nicht dumm. Aber sie sind verzweifelt.

Der hundertfache Ertrag, von dem das Gleichnis spricht, zeigt, was möglich wäre, wenn es nur gerecht zugeht. Wenn man nicht mehr in Mini-Parzellen auf Teufel-komm-raus säen muss (denn der Teufel kommt dann ja wirklich und sorgt schon fürs Misslingen). Wenn man auf dem Land, das allen gehört, für alle anbaut, was alle zum Leben brauchen. 

Ich weiß, das klingt nach LPG und Planwirtschaft. Aber es ist die biblische Vision einer besseren Welt. Ein Gleichnis vom Reich Gottes. Ein Mut machendes Bild von dem, was gelingt und ganz von selbst wächst.

Was gelingt? Welche Erfahrung haben Sie gemacht?

Es gelingt z. B. das Mitgefühl. Gott hat uns alle Anlagen in unser Herz gegeben, um mit anderen zu fühlen. Und dieses Mitgefühl auch zu zeigen. Ein Gruß, eine Nachfrage, ein Anruf, ein Blumenstrauß - wir kennen ja so viele Weisen, wie wir es ausdrücken können. Und das gelingt, geht auf und bringt hundertfach Frucht. Und wenn dieses Mitgefühl ins internationale geht, heißt es Solidarität: die Zärtlichkeit der Völker. Und ist vom selben Erfolg gekrönt.

Es mag sein, dass unser Mitgefühl, unsere Solidarität, unsere Tatkraft und Geduld manchmal vergeblich gesät sind. Dass sie von den Leuten zertreten werden, wegen mangelndem Engagement vertrocknen, an unserer Resignation ersticken oder was es auch ist, das zum Scheitern führt. Das kennen wir.

Aber wir kennen auch das, was gelingt. Und wir Sämänner und -frauen können getrost sein, dass es wächst, weil Gott dafür sorgt. Weil  Gott will, das wir hundertfach ernten: Mitgefühl und Vergebung und Liebe. An dieser Geschichte erzählen wir selber mit unseren Taten weiter.

Pastor Klaus Kramer

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