Menschenkinder, Gotteskinder

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Menschenkinder, Gotteskinder

Wie werden Kinder in unserer Gesellschaft gesehen? Sind sie unsere Zukunftshoffnung, auch für die Kirche? Diejenigen, die unsere Erwartungen erfüllen und es besser machen sollen als wir Alten? Sind sie Erbringer von Bildungsleistungen? Oder Virus-Schleudern? Unschuldige Lämmchen, süß und niedlich, aber nicht erst zunehmen? Kleine Tyrannen, Störfaktoren oder gar Systemsprenger? Konsumenten?

Ich weiß: Kinder werden von ihnen auch noch ganz anders gesehen, und das ist ein Glück.

Aber die beschriebenen Sichtweisen und Zuschreibungen gibt es ja, und sie wirken. Es ist ihnen etwas gemeinsam: Sie machen Kinder zu Objekten. Kinder sind bei uns oftmals Betreuungs-Objekte, Erziehung-Objekte und Objekte unserer Erwartungen, Hoffnung oder auch Liebe.

Dabei sollten sie doch eigentlich Subjekte sein. Also Menschen, die „ich“ sagen können - oder doch wenigstens lernen, es zu sagen. Personen mit einer eigenen Würde, die über das mitbestimmen, was sie betrifft, die stolz sind auf das, was sie sind, und nicht auf das, was sie sein sollen.

Den Unterschied zwischen Subjekt und Objekt kann ich auch beschreiben als den zwischen Kind und Sklaven. „Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder“, sagt der Apostel Paulus (Römer 8,14). Das Gegenbild zum Kind ist bei Paulus der unfreie Sklave. 

Bei Gott, sagt Paulus, sind wir Kinder, keine Sklaven. Was auch immer unser sonstiger Status sein mag: ob wir in freien oder unfreien gesellschaftlichen und familiären Verhältnissen leben, ob man uns niedlich findet oder süß oder beides nicht - Gott gegenüber sind wir Kinder, d.h. Subjekte, die rechts- und entscheidungsfähig sind. Wir sind als Gottes Kinder mit Gott auf Augenhöhe, nur wenig geringer als Gott selbst (Psalm 8,6). Souveräne Herrscher, gekrönt mit unsichtbaren Kronen. Und wir sind als Kinder erbberechtigt. Kinder erben, was den Eltern gehört. Sklaven erben nichts.

Als Kinder Gottes erben wir alles, was Gott gehört. Allerdings schon vor dessen Tod. Und das wichtigste, was Gott gehört, ist seine Entscheidungsmacht, seine Würde und seine Liebe. Das alles schenkt er uns durch Jesus Christus, seinen Sohn. Der Sohn Gottes macht uns zu Kindern Gottes, indem er unsere Unfreiheit, Unmündigkeit, Unbeholfenheit auf sich nimmt und uns Gottes Liebe schenkt. 

Und damit haben wir alles, was wir zum Leben brauchen. 

Wir werden nämlich von Gott um unserer selbst willen geliebt, so, wie man Kinder lieben sollte. Nicht wegen ihrer Leistung oder weil sie die Erwartungen erfüllen oder weil sie doch so süß sind. Wirkliche Liebe ist ohne Warum, und so liebt uns Gott.

Und wir haben Entscheidungsmacht. Gott hat uns die Herrschaft gegeben über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über alles Getier, das auf Erden kriecht (Genesis 1,28). Wir sollten uns dieser Aufgabe würdig erweisen und nicht zu Tyrannen der Natur oder gar unserer Mitmenschen werden. Die jungen Leute machen uns vor, wie das geht.

Und wie Gott bei dessen Taufe zu Jesus gesagt hat: „Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe; den sollt ihr hören!“ (Matthäus 17,5 vgl. 3,17), so haben auch wir als Gottessöhne und Gottestöchtern eine Stimme, auf die man hören sollte. Mit der wir unsere Gedanken, Gefühle und unser Wissen  mit den andern teilen können.

Und das alles: dass wir um unserer selbst willen geliebt werden, dass wir uns einmischen und mitmischen können, dass wir Autoren in unserem Lebensskript sind, dass wir Veränderungen bewerkstelligen und ohne Angst weitergehen - das gibt es natürlich nicht nur für die erwachsenen Kinder Gottes. Sondern auch für die jüngeren und jüngsten. Und die sind nicht nur unsere Zukunft. Sondern sie sind auch Gottes Gegenwart mitten unter uns.

Pastor Klaus Kramer

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