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Mehr als 100 Mitarbeiter:innen der katholischen Kirche haben sich geoutet: Schwule, Lesben, Transgender und andere. Es sind Priester dabei, Pastoralreferenten, Ärzt:innen, Organist:innen, Erzieher:innen… Sie alle könnten jetzt womöglich ihren Job verlieren, denn eine andere als die heterosexuelle Lebensweise steht im Widerspruch zur kirchlichen Lehre. Das ist in der katholischen Kirche ein Kündigungsgrund. In der evangelischen Kirche gibt es auch so einen Loyalitätsparagraphen. Und auch in manchen evangelischen Gemeinden werden anderslebende Menschen diskriminiert.

Die katholische Kirche argumentiert mit der Natur. Nur aus der Verbindung von Mann und Frau können Kinder entstehen, und das sei der eigentliche Zweck der Sexualität. Das ist, weiß Papst Franziskus noch im Jahr 2021, der „Plan des Schöpfers“. Homosexuelle aber „verstoßen gegen das natürliche Gesetz, denn die Weitergabe des Lebens bleibt beim ihrem Geschlechtsakt ausgeschlossen“, heißt es im Katechismus der katholischen Kirche. Deshalb sei ihre Sexualität eine außerhalb der Ehe und „in keinem Fall zu billigen.“ Es sei den Homosexuellen zwar „mit Achtung und Takt zu begegnen“, sie trügen aber durch ihre Veranlagung ein Leiden, das „mit dem Kreuzesopfer Christi zu vereinen“ sei. Sie müssten halt keusch leben, dann könnte es in Ordnung sein. Solche Gedanken wurden und werden auch in der evangelischen Kirche vertreten, dort nennt man es dann Schöpfungsordnung. 

Vielen erscheint das heute weltfremd und unmodern. Aber ist das eigentlich der Punkt? Ob etwas modern ist oder nicht - was sagt das über die Wahrheit aus? Und war dieser Zimmermannssohn aus Nazareth nicht auch etwas weltfremd? Und ist das nicht das Potential, aus dem wir schöpfen: dieser unangepasste, bunte Glaube, der unsere Welt verstört und verändert?

Wirklich schlimm ist etwas anders: Die Aussagen, die die katholische Kirche über die Homosexualität trifft, sind nicht mit dem Glauben an Jesus Christus zu vereinen. Sie machen Gott klein. Und sie beruhen auf einer falschen Auslegung der Heiligen Schrift.

Ja, es ist falsch, denn es leiden Menschen unter diesem Dogma. Menschen, die der Kirche höchst verbunden sind, die an den befreienden und versöhnenden Gott glauben. Menschen, die in der Weise, wie sie leben, niemandem wehtun, niemanden beleidigen, niemanden herabwürdigen - die werden durch diese Lehre gedemütigt, in ihren Rechten beschnitten und diskriminiert. Das kann nicht im Sinne Jesu sein.

Falsch ist diese Lehre, weil sie von einem sogenannten Naturrecht ausgeht. Man meint, an den Vorgängen in der Natur den Willen des Schöpfers ablesen zu können. So aber argumentiert man nur, wenn man theologisch nicht weiter weiß. Sogar der Apostel Paulus greift bei der Beurteilung der Homosexualität zu dieser Argumentationskrücke (Römer 1, 26-27). Aber wer weiß eigentlich, was natürlich ist?  Mit natürlichen Unterschieden der Hautfarbe wurden schon übler Rassismus begründet. Und ist nicht z. B. das Prinzip „fressen und gefressen werden“ auch ein ganz natürliches - und wir folgen ihm trotzdem nicht? Weil wir zwar natürlich sind, aber auch eine Kultur haben? Es ist sinnvoll, nach dem Willen Gottes zu forschen. Aber in der Natur findet man ihn nicht.

Falsch ist diese Lehre, weil sie dann das angebliche Naturrecht in der Bibel wiederzufinden meint. Dazu werden einzelne Stellen herausgeklaubt, die das zu belegen scheinen. Sie werden aus ihrem Zusammenhang gerissen und wörtlich interpretiert. Das ist unkritischer Biblizismus, der die Heilige Schrift zerstört. So werden lediglich moderne Vorurteile in den Text hineingetragen. Aber es geschieht nicht das, was wir doch auch in der Moderne so nötig hätten: Dass die Bibel zu uns spricht. Von Freiheit und Verantwortung und den anderen wichtigen Dingen, die unser Zusammenleben betreffen.

Es wird auch so getan, als sei die Bibel ein Buch aus einem Guss, zeitlos und widerspruchsfrei. Dabei ist sie ein geschichtlich gewachsenes Buch, das auch das Weltbild und die Moral der jeweiligen Zeit repräsentiert. Das Ehemodell des Abraham führen wir ja auch nicht fort. Wir teilen auch nicht mehr die naturwissenschaftlichen oder soziologischen Überzeugungen des Paulus. Die Bibel spricht mit vielen Stimmen, sie haben unterschiedliche Interessen, und manchmal widersprechen sie sich. Und gerade darin ist sie vom Heiligen Geist inspiriert. Vielfalt ist ein Markenzeichen des Geistes. Ja, die Bibel ist von Menschen geschrieben, aber vom Heiligen Geist beseelt, deshalb ist sie modern und hat uns auch heute etwas zu sagen, das wir brauchen: die befreiende Botschaft von einem menschenfreundlichen Gott. Das Evangelium von Jesus Christus, der die Menschen bedingungslos liebt.

Für diese Liebe sind Gerechtigkeit, Wahrheit und Treue wichtige Werte. Diese Liebe soll ohne Gewalt gelebt werden, ohne Unterdrückung und Ausbeutung. Und ja: Diese Liebe soll auch offen sein für die Weitergabe des Lebens, für Kinder und Patenkinder und adoptierte Kinder und geistige Kinder. Es gibt ja viele Möglichkeiten, Kinder zu haben. Aber welches Geschlecht die Beteiligten haben, und wie sie ihre Sexualität lustvoll leben, ist dafür völlig ohne Belang. 

Wer aber die Liebe Gottes zu seinen Kindern in die Zäune menschlicher Moral einsperren will, fällt selber aus dieser Liebe heraus. Er vergeht sich an den Seelen derer, die zu schützen er behauptet. Er zieht die Fesseln enger, die Jesus Christus für uns getragen hat, damit wir frei sind. Zur Freiheit hat uns Christus befreit (Galater 5,1). Darum bin ich den Geschwistern von #outinchurch dankbar, die so mutig sind, ihren Glauben zu bekennen.

Klaus Kramer

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