Kirche & Demokratie

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Kirche & Demokratie

Die Kirchen haben die Demokratie nicht erfunden. Wir waren viel zu lange im Inneren monarchisch verfasst und haben nach außen autoritäre Herrschaft gerechtfertigt. Auch der evangelischen Kirche muss man Machtdenken und Machtmissbrauch vorwerfen. In der Nazizeit sind viele dem faschistischen Führerprinzip erlegen. Dabei sind die Gedanken der Beteiligung und Mitbestimmung in unserem Glauben fest verankert. Als Mose dem Volk die Gebote gebracht hat, ruft er die Menschen zusammen und legt ihnen dieses Grundgesetz zur Entscheidung vor. „Wählt das Leben!“, bittet Gott die versammelte Gemeinde (5. Mose 30,19). 

Und als Jesus nach Jerusalem kommt, reitet er nicht auf hohem Ross in die Stadt, sondern auf einem einfachen Esel (Matthäus 21,5). Jesus ist der König der kleinen Leute. Er herrscht nicht als Führer über die Menschen zu ihrem angeblich Besten. Er fragt sie selbst, was sie zum Leben zu brauchen. Er öffnet ihnen Möglichkeiten, die Dinge in die eigene Hand zu nehmen und mit anderen gemeinsam zu entscheiden. Er macht die Menschen nicht zu willenlosen Sektenanhängern, sondern befreit sie zu eigenverantwortlichen Nachfolgern. So geht Regierung, die Gott gefällt. 

Auch in unserer Bremischen Evangelischen Kirche und in der Martin-Luther-Gemeinde sind deshalb die Entscheidungen demokratisch organisiert. Alle Getauften haben den Geist, der sie zur Mitbestimmung fähig und verantwortlich macht. Die Kirchenleitung und auch die Pastor:innen werden gewählt. Nicht Monarchie, nicht Führerprinzip, nicht Anarchie oder Theokratie, sondern Demokratie ist die Form der Herrschaft, die dem Glauben an Jesus Christus am besten entspricht. Was kann man tun, um diese Demokratie in Kirche und Staat zu stärken? Demokratie braucht soziale Gerechtigkeit. Wir müssen die Armut bekämpfen, damit Menschen ihre Wahlfreiheit aus üben können. 

Demokratie braucht Bildung. Rattenfänger haben ein leichtes Spiel, wenn Menschen Wahrheit und Lüge nicht unterscheiden können. Wer liest, schreibt und nachrechnet, kann prüfen, ob es stimmt, was auf der Straße erzählt oder im Internet behauptet wird. Streiten muss man lernen. Es ist nicht schlimm, wenn Menschen unterschiedlicher Auffassung sind, im Gegenteil. In unserer KiTa lernen die Kinder, ihre Bedürfnisse und Ideen zu äußern. Sie stimmen mit ab über das, was sie betrifft. Und sie fragen auch danach, was mit denen ist, die bei einer Abstimmung unterlegen sind: Demokratie 2.0. 

Wir brauchen Menschen, die sich für die Demokratie ein setzen. Die nach differenzierten Lösungen suchen, wo die Wirklichkeit komplizierter ist, als es die Parolenschreier uns weismachen wollen. Auf Hass und Hetze sollten wir nicht hören, sie vergiften unsere Seelen. Aber wo es möglich ist, sollten wir einander zuhören.

Und auf jeden Fall: Wählen gehen! Jesus Christus befreit uns dazu, eine Wahl zu treffen. Und er bittet uns mit seinem himmlischen Vater: Wählt das Leben! 

Pastor Klaus Kramer 

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